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Donnerstag, 10. Mai 2018

Baltikum - Kryziu kalnas (LT) / Rundales (LV) / Kaunas (LT) / Vilnius (LT)


Wow und schon schreibe ich am letzten Post fuer die Baltikum-Reise! Heute sind wir in Vilnius eingetroffen und morgen treten wir die Heimreise an.

Aber der Reihe nach!

Von Nidden aus ging es zurueck Richtung Memel, bei Juodkrante gibt es aber noch eine Besonderheit, welche uns als Naturenthusiasten aber besonders interessierte: die Reiherberge! Entgegen mancher Assoziationen handelt es sich hier nicht um die Resultate viel zu langer Naechte, sondern um die groesste Graureiher- und Komorankolonie Europas (hey mal wieder ein Rekord!).

Es ist schon Vorsicht geboten bei der Parkplatzsuche, da Komoranexkremente extrem saeurehaltig sind hat man bleibende Andenken im Lack falls man sich unter einen Baum parkt. In der Tat ist das (der Kot) auch der Grund weshalb im groesseren Umkreis so ziemlich jeder Baum abgestorben ist. Da der Wind recht guenstig stand haben wir von dem anscheinend bestialischen Gestank nicht besonders viel mitbekommen. Aber es ist toll zu sehen wie die Komorane hoch oben in den Baumwipfel nisten und ein wilders Gackern geht durch den Wald. Richtig cool.
Da die Komorane recht raeuberisch veranlagt sind und den Graureihern die Nester stehlen wird die Reiherpopulation immer geringer waehrend die der Komorane regelrecht explodiert.
Boese stimmen behaupten auch, dass Fischer mit Gewehren durch den Wald gehen und in die Luft schiessen um die Komorane zu verscheuchen und deren Population zu dezimieren...da die Eier auskuehlen und die Kueken verenden...denn Komorane fangen den ganzen Fisch weg...und sind wahrscheinlich auch fuer die Ueberfischung der  Meere verantwortlich. Tsss.

Der Brueller schlechthin war, als sich zu uns eine Gruppe Amerikaner gesellte und eine kleiner untersetzte Frau mit der Kamera im Anschlag tatsaechlich laut fragte: Are these eagles??? Sind das Adler???

Komoran-Kolonie in abgestorbenen Baeumen

Weiter geht es und wir bewegen und dieses mal wie nordwestlich. Naechstes Ziel ist Kryziu Kalnas - der Berg der Kreuze. 
"Er symbolisiert die Seele Litauens, in der Glaube, Froemmigkeit und der Wille nach Unabhaengigkeittief und fest verankert sind. Nach den von den Russen niedergeschlagenen Aufstaenden 1831 und 1863 stellte die Menschen auf dem flachen Huegel Kreuze fuer die getoeteten Litauer auf." (Zitat: ADAC Tourset EUN300).
Obwohl die Besatzungsmaechte die Gedenktstaette immer wieder zerstoerten wurde sie genauso immer wieder aufgebaut.
Es ist der pure Wahnsinn wieviele Kreuze sich hier befinden, ein Zahl auf einem Schild spricht von 200.000 Kreuzen, aber es muessen viel viel mehr sein, da Glaeubige immer noch jeden Tag neue Kreuze ablegen bzw. aufstellen. Selbst der Papst war schon hier. Auf jedenfall ein Muss bei einem Litauen-Besuch.

Berg der Kreuze, Ausschnitt

Berg der Kreuze, Impression

Berg der Kreuze, einbettet in wunderschoener Landschaft

Das Schloss Rundales liegt an der Suedgrenze Lettlands, fuer uns heisst das nochmal ein Stueck weiter noerdlich zu fahren und die Grenze zu passieren. Der kleine Umweg lohnte sich. Uns erwartet eine riesige Schlossanlage in super Zustand und ohne Bus-Touristen.

Schloss Rundales

Schlossgarten

Blumenpracht im Schlossgarten

Prunk in den Gemaechern

Wie nahezu jedes Schloss, hat auch dieses eine wechselvolle Geschichte. Urspruenglich gebaut als Sommerresidenz fuer den Herzog von Kurland Ernst Johann wurde es unter spaeterer russischer Herrschaft stark vernachlaessigt. Als Schule, Invalidenheim, Buerogebaeude. Mitte der 70er Jahre entschloss man sich zur Restauration, welche auch groesstenteils 2014 abgeschlossen wurde.
Man denkt, man ist in einem Mini-Versailles gelandet (so fuehle ich mich zumindest). Innen wie Aussen sehr beeindruckend.
Und auch hier kommt mir die Heimat wieder unter: ein Tisch stammt aus Dresden und es gibt auch Meissener Porzellan!

Kopie einer Dresdener Tischkonsole (18. Jahrhundert)

Nun stehen wir vor der Frage ob wir in der Naehe campieren oder ob wir noch nach Kaunas fahren (gut 3 Stunden), es ist halb sechs, die Sonne lacht, also entscheiden wir uns pro Kaunas.
Die Fahrt ist nur halb so schoen wie man das gern haette: starker Wind, ziemlich lange Geraden und einigermassen Gegenverkehr.
Recht spaet erreichen wir die Stadt und entscheiden nichts mehr zu tun ausser einem kleinen Abendspaziergang der Memel (Nemunas) entlang.

Am naechsten geht uns fast ein echtes Highlight durch die Lappen: total versteckt finden wir trotzdem das "KGB Atomis Bunkeris Museum". Leider ist die Tuer verschlossen. Unter der angeschlagenen Nummer geht niemand ans Telefon. Aber wie es der Zufall will kommt auf einmal ein kleines Kraftpaket ueber den Hof und starrt uns an. "Museum" - "Da, Museum" - "Moment". Der Kollege spricht nur litauisch bzw. russisch (was ich erst spaeter mitbekomme). Er ruft seinen Kollegen an und der uebersetzt in Englisch: leider ist das Museum nur auf Nachfrage geoeffnet und fuer Gruppen. Der Mann hat aber Mitleid mit uns und macht es fuer uns exklusiv auf - YES!

Und wer ein bisschen Interesse fuer die Zeit des Kalten Krieges hat (oder nicht) dem sei dieses Museum empfohlen! Nachdem man das Haus betreten hat geht man 7 Meter in die Tiefe, denn da wurde der Schutzraum errichtet, natuerlich mit mehreren Zugaengen. Die Sammlung ist hochinteressant, alle moegliche Technik der damaligen Zeit wurde zusammengetragen und ist oft auch noch funktional und zum ausprobieren. Von Telekommunikation, Wanzen, geheimen Kameras und Verstecken wird alles gezeigt. Der Bunker an sich ist fuer 200 Menschen konzipiert, grosse Plakate zeigen wie man sich im Nuklearfall zu verhalten hat. Es gibt eine eigene Zahnarztstation (mit manuell angetriebenen Bohrer!!!), ein Fotolabor, Abhoerraeume etc.
Leider konnten wir uns nur mit ein paar Brocken Russisch verstaendigen, so sind sicherlich viele interessante Stories auf der Strecke geblieben.

Kommunikationsraum

Von vorn ein Geschenk an die USA (Wappen)...

...mittendrin eine Wanze um den Botschafter abzuhoeren.

Gruselig war die Sammlung von Gasmasken. Ich wusste nicht, dass es Kindergasmasken (das kann ich mir zumindest noch vorstellen) und auch Pferdemasken gibt!

Gasmasken-Sammlung (Pferd siehe rechts)

Eine wirklich bedrueckende Zeit und hoffentlich werden wir nie wieder in solche Zeiten gelangen!

Von Kaunas aus ist es gut ein Stunde fahrt entlang der Neris bis zum Wasserschloss Trakai. Da ich Schloesser nun schon etwas muede bin verbringe ich die Zeit im Restaurant waehrend Claudia Sightseeing betreibt.

Wasserschloss Trakai

Nochmal eine halbe Stunde weiter sind wir in Litauens Hauptstadt angelangt: Vilnius. Besonders wurde uns die Altstadt empfohlen. Genau da verbringen wir auch unseren Nachmittag. Wir schlendern durch die Stadt und schauen uns Bauwerke, Gassen und Stadtleben an.
Die Stanislaus Kathedrale wirkt auf den ersten Blick nicht so. Durch die Saeulen hat er etwas tempelartiges. Der Glockenturm steht frei und kann bestiegen werden.

Stanislaus Kathedrale mit freistehendem Glockenturm

Namensgebender Fluss und entspannte Stimmung

Von drei Seiten ist das Stadtteil Uzupis von der Vilnius eingekreist. Uzupis ist das Kristiania von Vilnius. Die "Republik der Kuenstler" hat eine eigene Hymne, Praesidenten und auch Verfassung. Der erste Artikel besagt "Jeder hat das recht, am Fluss Vilnia zu leben, und die Vilnia hat das Recht, an jedem vorbei zu fliessen.";
Hier wird es nicht mehr so genau genommen mit der Reinlichkeit, Haeuser sind verschroben, Instrumente stehen am Flussufer...

Uzupis' Verfassung

Ansonsten ist Vilnius durch seine zahlreichen Gotteshaeuser aufgefallen, eines praechtiger als das andere.

Gotisches Ensemble

Vilnius von oben

Aber wir merken auch, dass wir nun etwas stadtmuede sind bzw wir schieben es darauf: Obwohl aehnlich wie in Riga eine entspannte Stimmung fehlt uns der gewissen "wow"-Effekt.

So nun heisst es noch eine Nacht und dann geht es knapp 1300 Kilometer nach Hause. Vorher besichtigen wir noch die geographische Mitte Europas, die liegt etwas noerdlich von Vilnius.

Herzlichen Dank fuers Mitlesen und ich hoffe ich konnte an der einen oder anderen Stelle etwas Lust und Interesse am Baltikum wecken - wir werden sicherlich wiederkommen, dann im Camper und mit mehr Zeit fuer die Nationalparks!

Bis bald und gute Reise!

Dienstag, 8. Mai 2018

Baltikum - Kuldiga & Liepaja (LV) + Nidden auf Neringa (LT)

Heute werden wir die Grenze zu Litauen ueberqueren! Vorher gibt es aber noch einiges in Lettland zu sehen, so geht es von Riga ueber kleine und kleinste Strassen nach Kuldiga.

Dieses verschlafene Staedtchen kann sich mit einer Superlative ruehmen - Ventas rumba! Die Venta faellt bei Europas breiteste Stromschnelle grandiose 1,80 Meter tief! Okay der Fall ist nicht was zaehlt sondern die Breite von 249 m! Das ist so beeindruckend, dass man denkt "was es nicht doch alles fuer Rekorde gibt", wann verwendet man den schon mal Stromschnelle in der Einzahl.... Schoen anzuschauen ist es allemal, auch die Backsteinbruecke, welche im Nachgang ueber die Venta errichtet wurde.
Kuldiga an sich hat wunderbare kleine Gassen mit alten, aber gepflegten, Holzhaeusern bzw. Hoefen. Ein Ort um die Seele baumeln zu lassen.

Kuldiga: Backsteinbruecke uber die Venta

Ventas rumba - Europas breiteste Stromschnelle

Bevor ich auf die Weiterfahrt eingehe, moechte ich auf ein paar baltikumspezifische Auffaelligkeite eingehen:
  • Aufgrund der doch deutlich oestlicheren Lage der 3 Staaten sind wir hier um eine Stunde frueher dran als in Deutschland. Dazu kommt auch noch die Lage im Norden, welche unsere Tage richtig lang werden lassen. Hier bereits merkt man die laengeren Tage, bekannt durch die Mitternachtssonne in Skandinavien. Um zehn Uhr abends ist es hier noch richtig hell, der Fakt, dass die Supermaerkte in der Regel bis 22:00 Uhr geoeffnet sind laesst unser Zeitgefuehl durcheinander kommen. Regelmaessig erwischen wir uns wie wir erst gegen 9 Uhr Abends essen...
  • Richtig cool sind die leeren Strassen, wenn wir unterwegs sind - und mal abgesehen von den groesseren Staedten - haben wir nur leere Wege. Manchmal gibt es uns das Gefuehl als ob keiner auf dem Lande lebt (was natuerlich nicht stimmt). Weshalb der Verkehr so gering ist haben wir bis jetzt noch nicht klaeren koennen, es ist auf jedenfall sehr angenehm zu fahren und man kommt neben recht schnell voran.
  • Beeindruckt hat uns die Sauberkeit der drei Staaten. In den Staedten gibt es an jeder Ecke Muelleimer und auch so sieht man keinen Muell an den Strassenraender, Ecken usw. Wahrscheinlich ruehrt dies auch von einer gewissen Naturverbundenheit her - am Wochenende oder am Abend sehen wir viele Menschen die sich zum Spazieren oder Angeln zusammenfinden, einfach ein Barbeque am Fluss veranstalten bzw. mit ihren Familien im Gras zum Picknicken sitzen.
Der naechste Halt ist Liepaja - auch hier gibt es wieder einen Rekord: in der Dreifaltigkeitskirche steht die groesste mechanische Orgel der Welt: 131 Register, 4 Manuale und ueber 7.000 Pfeifen!
Die von aussen ziemlich trostlos wirkende Kirche (Spenden fuer die Renovierung werden gesammelt) wirkt nicht als ob sie beeindrucken koennte. Doch wie so oft kommt es auf die inneren Werte an :) Abgesehen von zwei aelteren Damen die zum Kircheninventar gehoeren sind wir die einzigen Personen. Die Kirche an sich ist auch von Innen vergleichsweise recht einfach gehalten, sobald man sich aber umdreht "erschlaegt" einen die Orgel. Mit einer Breite ueber die ganze Kirchenbreite breitet sie ihre spektakulaere Erscheinung aus. Leider koennen wir sie nicht hoeren, aber als wir zum Ausgang schlendern fragen die Damen ob wir nicht auf den Turm klettern wollen.

Dreifaltigkeitskirche von Aussen

Blick vom Kirchturm

Weltgroesste mechanische Orgel

Von jetzt sind es noch gut 1,5h Fahrt, eine Faehruebersetzung und wir sind auf Neringa - der kurischen Nehrung. Eingeschlossen zwischen kurischem Haff und der Ostsee. Ein Haelfte gehoert Litauen und die Andere Russland mit Kaliningrad. Unser Ziel ist Nida (dt. Nidden) welches am suedlichen Ende bzw. an der Grenze zu Russland liegt.

An der litauisch-lettischen Grenze

Da wir erst spaet ankommen entscheiden wir einen Tag zu verlaengern. Das Wetter ist bombastisch und so koennen wir unsere Hintern mal einen mopedfreien Tag goennen.

Nidden ist sehr verbunden mit Thomas Mann. Der Dichter und Schriftsteller hat einen Beitrag ueber die Landschaft Neringas verfasst und den kann ich so nur befuerworten. Da Mann das besser in Worte fasste als ich es je koennte gibt es hier einen Auszug:

Lesen und wirken lassen...

Wir machen einen grossen Spaziergang (12km) um die Schoenheiten dieses Landstreifens zu erfahren:

Midden in Nidden befindet sich das nur zwei Sommer lang genutzte Ferienhaeuschen der Familie Mann. Sicherlich waere sie noch oefter da hingekommen waere durch Deutschlands menschenverachtende Politik seinerzeit eine Flucht in die vereinigten Staaten nicht notwendig gewesen. Das Haus und die Lage ist definitiv chic. Im Haus gibt es eine Dauerausstellung die ueber das Leben Thomas Manns als auch dessen Familie berichtet.

Thomas Mann's Sommerhaus

Blick aus dem Mann'schen Arbeitszimmer

Vom Haus aus sind wir stundenlang ueber Stock und Stein, Sand und Fels auf den hoechsten Berg Neringas gestiegen. Nach stolzen 58 Hoehenmeter wurde der schweisstreibende Aufstiegt mit einer wunderbaren Aussicht auf Baeume belohnt :)

Schnell ging es wieder herab und wir erblickten die Ostsee. Um diese Jahreszeit ist das Meer noch richtig kalt - und richtig klar. Im Sommer ist hier bestimmt die Hoelle los - heute sind wir so gut wie alleine unterwegs. Baazingaa!


Ostseeblick


Eisiges Ostseewasser

Kurz vor der russischen Grenze gehen wir wieder vom Strand weg und der Grenze entlang und erreichen eine der riesigen Wanderduenen: Parnides. Die Duene ist gewaltig, hat aber auch stark mit der Erosion durch Menschen zu tun. Jaehrlich wird die Duene kleiner und kleiner, da von Menschen abgetretener Sand nicht wieder nach oben kommt, in den letzten 30 Jahren hat sich die Hoehe um 10 Meter verringert. So sind bereits grosse Teile zum Schutz abgesperrt und ein befestigter Weg fuehrt entlang der Duene. Von oben sieht sie aus wie ein riesiger Sandkasten, richtig bedrohend wirkt sie erst wenn man am Fusse davor steht: wie eine riesige sandgewordene Welle steht sie auf einmal da und scheint alles ueberrollen zu wollen. Seht selbst!

Russland ganz nah

Blick ueber die Parnides-Duene

Blick von unten auf die Duene

Uns hat Nidden sehr gefallen und wir wuerden bidden, dass mehr unsere Mitmenschen dieses Kleinod in Litauen entdecken wuerden. Wir koennten hier noch viel mehr Zeit verbringen. Fuer den Elchwald und Europas groesste Reiherkolonie blieb leider keine Zeit.

PS: mit der Faehre von Deutschland nach Klaipeda (Memel) und dann nur noch eine halbe Stunde fahrt und man ist da!

Nidden Idylle

Nidden Idylle mit Mosi

Persoenlich hat mir noch die Anekdote der "Kraehenbeisser" gefallen. In der Tat sind uns die unzaehligen Kraehen auf Neringa aufgefallen, bereits am Morgen gab es Riesengezeter als sie Fische am Uferrand des Haffs verzehrten und natuerlich jede Kraehe das beste Stueck haben wollte.
Jedenfalls muss es im 16. Jahrhundert eine regelrechte Kraehenplage gegeben haben, so dass sich der Beruf des Kraehenbeissers etablieren konnte: Groesse Koerbe wurden am Sandstrand in der Luft aufgehaengt und sobald sich eine Kraehe niederliess wurde der Korb inklusive Kraehe heruntergerissen. Der Jaeger musste dann fix sein und sich die verdutzte Kraehe schnell schnappen. Damit der Vogel nicht noch weiteren Schaden anrichten konnte musste eine schnelle Beseitigungsmethode her: ein gezielter Biss in den Nacken der Kraehe losch ihr unverzueglich das Licht aus. Na dann, guten Appetit.

Track: Riga - Kuldiga - Liepaja - Memel - Nidden

Montag, 7. Mai 2018

Baltikum - Saaremaa (Est) + Gauja NP/ Riga (LV)

Estnische Flagge


Saaremaa

Obwohl wir gerne gezeltet haetten war es eine gute Entscheidung es nicht zu tun. Bei eisigem Wind, Regen und Temperaturen um die 4 Grad haetten waere das Zelten kein Genuss gewesen. Kurzerhand haben wir fuer kleines Geld eine kleine gemuetliche  Ferienwohnung in der Inselhauptstadt bekommen. Passt.

Da der Wetterbericht fuer den darauffolgenden Tag genau das Gleiche prophezeit (und erst ab Freitag Sonne) verlaengern wir um einen Tag. Nachmittags soll es erst regnen, also setzen wir uns auf unsere Mopeds und fahren an das Suedende der Insel. Auf dem Weg passieren wir ein Denkmal, welches an den Fund zweier Winkingerboote erinnern soll. Nicht wirklich beeindruckend, vor allem weil auch nichts geschrieben ist wo die Boote verblieben sind.


Winkinger-Boot-Denkmal

Der Leuchtturm am Suedende ist da schon schaerfer. Er macht nicht nur eine stattliche Figur auf der Landzunge sondern war bedeutsam fuer die Weltkriege. Eine militaerische Station war hier eingerichtet - in Sichtweite liegt Lettland. Kaputte Bunkerreste in der Umgebung zeugen von dieser Zeit.


Wind und langsam beginnenender Regen lassen uns schon wieder Richtung Quartier steuern. Fuer die wirklich tollen Anwesen neben der Strecke haben wir kaum noch ein Auge. Schliesslich trennen wir uns noch kurzzeitig, da ich die wunderbaren Schotterstrecken fahren will.


Zurueck in Kuressaare schauen wir uns noch etwas die Stadt an. Die Bischofsburg (Baujahr 1260) ist echt beeindruckend und koennte aus dem Bilderbuch entstammen. Burggraben, Ringwall und dann eine richtige Trutzburg.

Blick vom Innenhof auf die Burg

Track: Saaremaa

Der naechste Tag - und endlich scheint die Sonne. Die Temperaturen sind noch frisch, aber jetzt macht das Fahren endlich Laune! Zwei Stationen haben wir noch auf dem Plan bevor wir die Insel verlassen: Kaali Krater & Angla.

Beim Kaali Krater handelt es sich um einen maechtigen Meteoriteneinschlag (Gewicht bei Einschlag noch ca. 1000 Tonnen) vor knapp 4000 Jahren. Auf den Bildern wirkt es wie eine groessere Pfuetze, als wir aber davor stehen bleibt uns echt die Spucke weg! Der Einschlag ist riesig (ca. 110 Meter im Durchmesser)! Das muss einen gewaltigen Rums  gegeben haben, damals. Leider war das angeschlossene Infozentrum noch nicht offen. So bleiben uns weitere Infos (ausser, dass es ein Eisenmeteorit war) verborgen.

Kaali Krater

Kaali Krater

Von Kaali ist es nur eine viertel Stunde bis zum naechsten Highlight. Der Angla Windmill Park. Aufgrund der Naehe zum Meer blaest ein mal mehr mal oder weniger starker Wind. Dadurch bietet sich der Bau einer Windmuehle natuerlich an. So gab es ueber Saaremaa mehrere hundert Windmuehlen verteilt, einige sieht man noch beim Durchfahren der Insel. Hier in der Angla-Gegend waren allein mehr als 40 Muehlen aufgebaut, die 5 im Park sind die letzten ihrer Art. Unterschieden hat man zwischen Hollaender-Muehlen (das sind die klassischen, grossen Windmuehlen die es bei uns auch zu sehen gibt) und den kleineren Bockwindmuehlen. Letztere haben nur einen Staender und werden dann ueber ein Gestell in den Wind gedreht. Bei den Hollaender-Muehlen kann man die Kappe drehen.
Die Angla-Muehlen kann man betreten, so dass man auch die Technik von Innen sieht. Richtig toll. Des Weiteren sind noch Werkzeuge und Landwirtschaftsgeraete aus der Zeit ausgestellt.

Hollaender-Muehle (rechts) und Bockwindmuehlen

Der Mueller ist ganz bleich...

Und hier noch zwei coole Bilder:

Bockwindmuehle im Nirgendwo (achtet auf Claudia!)

Geschrieben wie man es spricht...praktisch

Track: Saaremaa - Paernu - Tuja

Gauja Nationalpark

Mit der Faehre geht es zurueck auf das Festland und dann Richtung Sueden. Wir passieren Paernu und folgen der Ostsee-Kueste nach Tuja, wo wir auf einem fantastischen Zeltplatz unsere erste Nacht im  Freien verbringen. Das war schon frisch, aber es sollte noch besser kommen.

Problemloser Grenzuebertritt

Stoerche haben ueberall ihre Nester bezogen

Lettische Idylle

Campingplatz direkt am Meer (Tuja)

Der Grenzuebertritt lief wie zu erwarten problemlos. Von Tuja aus fahren wir ueber wilde Schotterpisten in den Gauja Nationalpark. Er gilt als das landschaftliche Highlight Lettlands. Und das koennen wir direkt so unterstreichen. Bei Ligatne finden wir einen malerischen Campingplatz direkt am Fluss. Wir sind die einzigsten Gaeste. Der Platz bietet die Moeglichkeit sich Kajaks oder Kanadier auszuleihen. Da es gerade erst um die Mittagszeit ist machen wird das. Mit dem Auto werden wir 8 km flussaufwaerts gebracht. Bei Cesis wassern wir das Boot und die naechsten 3h folgen wir dem malerischen Verlauf der Gauja. Wir sind auch hier die einzigsten und im ca. 12 Meter breiten Fluss maeandern wir durch eine herrliche Landschaft: Kliffe wechseln sich mit tiefem Wald ab. Ab und zu passiert man vertraeumte Doerfer mit ein paar Anglern am Fluss. Abgenagte Baeume von Biber sind zu sehen, auch Baeren sollen noch in den Waeldern leben. Wirklich entschleunigend.

Paddeln auf der Gauja

Gauja-Blick vom Ufer

Die kommende Nacht sollte uns richtig frieren lassen. Nur mit Sommerschlafsaecken ausgeruestet liessen uns die 2 Grad Celsius kein Auge zu tun. Mitten in der Nacht ziehen wir ins Allzweckgebaeude um. Nicht viel waermer aber weit weniger feucht. So koennen wir wenigstens noch etwas schlafen.

Track: Tuja - Ligatne

Der naechste Morgen koennte nicht schoener sein. Die Sonne lacht und der Park ist am Aufwachen. Da ist die kalte Nacht schnell vergessen.

Neben dem Campingplatz ist eine kleine Faehrstation bei der man sich mittels eines Flosses auf die andere Seite uebersetzen lassen kann. Das ist so romantisch, dass wir das einfach machen muessen :)
Mittels eines ausgekluegelten Rollenmechanismuses braucht Vladimir der Faehrmann nur kurz (aber kraeftig) am Seil ziehen, den Rest erledigt die Stroemung des Flusses. Nach gut 3 Minuten ist man auf der anderen Seite.

Zufahrt in Vladimirs Reich

Ueber Jan's geliebte Schotterstrassen nach Cesis

Gauja Nationalpark Idyll

Cesis - die kleine Mittelalterstadt - ist der eigentliche Ausgangspunkt fuer den Nationalpark. Ein kleiner Rundgang offenbart auch hier wieder ein grosse Burganlage und enge Pflastergassen mit Holzhaeusern.

'Altes Cesis'

Von Cesis aus geht es direkt in Lettlands Hauptstadt! Dieses mal mit fester Unterkunft! Bei einem Preis von 22 Euro fuer ein schoenes Doppelzimmer inkl. reichhaltigem Fruehstueck brauchten wir nicht ueberlegen (lokaler Zeltplatzpreis: 18 Euro).

Den ganzen Nachmittag haben wir in Riga und so verbringen wir die Zeit mit einem Bummel durch die Altstadt. Obwohl ich jetzt kein grosser Staedte-Narr bin, hat mich Riga beeindruckt, und ich kann mir gut vorstellen hier auch ein zwei Tage laenger zu verbringen. Die Stadt ist sehr sauber und vor allem entspannt. Der Altstadtbereich ist mehr oder weniger eine Fussgaengerzone. Um den Bereich herum liegt ein gruener Guertel mit grossen Parkanlagen und kleinem Fluesschen mittendrin. Bauwerke und Plaetze sind beeindruckend, eigentlich an jeder Ecke gibt es kleine Caf`es zum Verweilen. Richtig schoen und definitiv eine Empfehlung fuer jemanden der Staedtetrips liebt.

Parkanlage

Schwarzhaeupter Haus (Schwarzhaeupter waren ledige Gildeherren)

Petrikirche

Drei Brueder (nur einer zu sehen)

Rigaer Altstadtleben

Das Einzigste was wir uns ausserhalb der Stadt anschauen ist die zentrale Markthalle. Es auf eine Halle zu beschraenken ist aber stark untertrieben. Es sind eigentlich 4 Hallen und in den Strassen rundherum sind ueberall Staende und Trubel. Hier kommt wieder das osteuropaeische Gen durch, nicht so stark wie in Moldawien letztes Jahr, aber immer noch da: lokale Bauern und Handwerker verkaufen ihre Waren um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Natuerlich gibt es hunderte andere Haendler die Zwischenhaendler darstellen, aber es gibt sie. So erstehen wir leckeren Kaese, saure Gurken, Gemuese und Honig von lokalen Bauern.

Zentrale Markthalle

Lecker Abendessen


Heute geht es weiter suedwaerts. Ziel ist Nida in der kurischen Nehrung. Die Wettervorhersage ist bestens!

Track: Ligatne - Cesis - Riga